Sie & Er

Bild: Matthias Berg, Text: Michael Weisfeld

Den König trug ich einst  auf meinem Nacken. Brokat umkränzte meine Ohren, und mein Rang war: Oberstleutnant.
Sie war eine jugendliche Elefantenkuh. Stand  zwischen denen, die des Königs morgendlichen Ausritt sehen wollten. Ich fühlte ihre Blicke über meine runden Schultern gleiten. Rasch ging ihr Atem und sie musste schlucken. Bald wurden wir ein Paar. Nur manchmal leider. Rasch und heimlich, möglichst leise und tief im tiefen Park des Königs.
Die Mütze eines Oberleutnants hat man mir gelassen, doch den König trägt mein Enkel jetzt. Ich wate täglich durch die kühlen Sümpfe und pflücke mit dem Rüssel Kräuter, die man für uns Rentner hier gepflanzt.
Hier traf ich sie wieder, sie kriegt  Witwenrente neuerdings. Ihr Mann ist seit dem letzten Krieg verschollen. Dort trug er einen General, der gerne trank. Die beiden wurden nicht zermetzelt wie die anderen Soldaten, sondern haben sich verirrt, sagt man. Als sie nicht heim gekommen waren nach acht Jahren, erklärt‘ man sie für tot.
Zu zweit nun waten wir durch diese  Rentnersümpfe. Ihr graziöser Gang von einst ist nun behäbig, und sie sinkt tiefer in den Schlamm als ich.  Auf der Terrasse, spät am Tag, will ich mich wohlig an sie drängen, und sie lässt es zu.  Nur für ihre Füße, schlammschwarz bis zum Knie, geniert sie sich.
Wenn die Sonne weg ist, gehen wir getrennte Wege. Jeder sucht sich seine eigene Palme für die Nacht.